Mariachi El Bronx – Mariachi El Bronx (III)

STRAWNION

Mariachi-El-Bronx-III-Review

Sie haben’s wieder getan. Und wieder großartig. Doch von vorn: Die zunächst dem eher klassischem Hardcore Punk zugetane Band The Bronx aus L.A., im Genre durchaus erfolgreich, entschied sich im Jahre 2007 zwei Alben aufzunehmen. Mit leichter Verspätung erschien 2008 das dritte The Bronx betitelte Punk-Werk. Tja, und dann das:

Matt Caughthran, Frontmann beider Inkarnationen The Bronx‘ beschrieb das Entstehen vor einigen Jahren so: „Das war irgendwie Teil von uns. Ich meine, aus Los Angeles sein, aufgewachsen und umgeben stets von mexikanischer Kultur – da ist das irgendwie passiert.“

Man darf diesen Ausbruch Geniestreich nennen. Oder schlicht Punk. Was könnte Punk-er sein, denn als Punkband ein Mariachi-Album aufzunehmen? (Gut, ja, die selige Frage mag sich mancher Fan gestellt haben.) Hinzugeholt wurden einige traditionelle Mariachi sowie David Hidalgo von den Lob Lobos (deren Kooperation mit Antonio Banderas Canción del Mariachi dürfte spätestens die traditionelle mexikanische Volksmusik ins globale Popgedächtnis gebracht haben). Tipps: My Love und die erste Single Cell Mates.

Touren – im traditionellen Charro-Gewand natürlich – mit unter anderem The Killers folgten. Ende 2009 revanchierten sich The Killers, seinerzeit zwar schon ins U2ige entschliddert, mit der allerdings durchaus sweeten Weihnachtssingle ¡Happy Birthday Guadalupe! – eine Kooperation mit unseren Punkiachi.

Der nächsten Platte ging noch ein Kleinod voraus: Die frankokanadische Pop-Chansonette Cœur de Pirate mitsamt ihrem damaligen Schmusi Jay Malinowski, Sänger der (Achtung!: ) kanadischen (!) Alternative- (!!) Reggae (!!!) Band Bedouin Soundclash fanden sich nach einem Duett auf der bisher letzten Platte seiner Band, dem schon ziemlich duften Brutal Hearts, als Armistice mit einigen unserer mittlerweile liebgewonnen Punkiachi zur Aufnahme einer gleich dem Projektnamen betitelten EP zusammen. Noch um einiges poppiger und um wenige Surf-Elemente erweitert entstand eine meiner liebsten, leider viel zu kurzen Platten im Genre*; dank dem nicht zur Vergesslichkeit neigendem Netz noch immer für eine kleine Hand voll, genauer: 5 oder 7 kanadische Dollar hier erhältlich). Das Ende der Beziehung der beiden Sänger bedeutete leider auch das Ende des Projektes.

Nun, zum zweiten Mariachi-Wurf 2011 (Ich möchte weder einen größeren Online-[eigentlich ja]-Buchversand und noch einen musikalischen Obsthändler verlinken), nach dem Achtungserfolg zwei Jahre zuvor, wurden die PR-Maßnahmen ausgeweitet. Touren mit unter anderem den Foo Fighters, Gogol Bordello, Auftritte bei Jay Leno und David Letterman, sowie das ausgereiftere Album taten ihr übriges zum wachsenden Erfolg. Tipps: Das bereits bei Jay Leno verzinkte 48 Roses.

Tja, nach einer wiederum The Bronx betitelten vierten Platte der Punk-Inkarnation erscheint nun zum Jahresende und Anfang November das dritte erneut – konsequent – Mariachi el Bronx genannte Werk. Unter anderem der Tod von Matt Caughthrans Vater sowie einige andere unschönere Ereignisse in seinem sowie im Umfeld der Band haben Nr 3 etwas dunkler eingefärbt. Auch sind so manche hörbare elektronische Anteile hinzugekommen, ohne dass jedoch der Mariachi-Charakter verlorengegangen wäre. Eher im Gegenteil ist ein Werk entstanden, das die mexikanische Volksmusik in die 10er Jahre des dritten Jahrtausends holt. Matt Caughtran zum neuen Output: “New Beat is a voodoo spell. The first song we wrote for the record. It’s a deep and dark exorcism that set the tone for the entire album. Enjoy.“

(Im Übrigen trompeten des Mariachi Trompeten nicht selten ohnehin latent gefühlsduselig bis sehnsuchtsvoll in die mexikanischen Hochebenen, meine ich. Will sagen: Etwas Traurigkeit schwingt bisweilen ohnehin mit, wenn erstmal die Vihuela und das Guitarrón gezupft, die Geigen gegeigt und die Trompeten geblasen werden. Auch wenn das hin und wieder etwas ins Zuckrige bis Verklebte gehen mag.)

Sinnigerweise heißt der Opener auch New Beat, eröffnet mit den Worten „Tonight we celebrate the sadness / Tonight we dwell in our misery“ und holt den geneigten Hörer zunächst noch beim Bekannten, eben jedoch ins Dunklere ab. Die Elektronik spirenzt kaum hörbar vor sich hin und springt erst Mitte des Stücks, dann aber doch einem Puma gleich los. Und führt sodann ein Tänzchen mit der Tradition auf, das sie die nächsten rund 40 Minuten auch fortführt. Mit Wildfires wird der spark dann zur flame. Und Sticks and Stones greift vielleicht einige Feedbacks des Punk-Herzens derer von Bronx auf, um dann schnell zur Folklore zurückzukehren.

Überhaupt, es hieß einst irgendwo, dass The Bronx eher das Negative behandelt, während El Bronx dem Positiven der Welt zugewandt sind. Mit III scheint sich das Gute etwas dem vermeintlich Bösen anzunähern, nur bleiben unsere Helden optimistisch.

Everything Twice schießt den im deutschen Sprachraum Aufgewachsenen dann auch etwas über’s Ziel hinaus, geraten die prägnanten Akkordions doch etwas alpin-schlageresk. Doch dürfen wir annehmen, dass die Punks auf Abwegen mit derlei nichts am Sombrero haben dürfen. Wie dem auch sei, stellt das Stück den Auftakt zum Schlussdrittel dar. In dem mit Right Between The Eyes noch einmal fulminant das Großartige dieser sonder- wie wunderbaren Platte deutlich wird. Und mit Valya werden wir – adäquat zur 2011er Veröffentlichung – lieblich in die Nacht entlassen.

*Da ich nicht die Ausrede geltend machen kann, von mexikanischer Kultur umgeben aufgewachsen zu sein, muss ich die Teilnahme an einigen Tequila-Gelagen hiermit öffentlich eingestehen, um meine vor einigen Jahren entstandene Leidenschaft dem Mariachi gegenüber zu erklären.

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